Blick zurück, Blick nach vorn: DPG-Frühjahrstagung in Karlsruhe
Vom 4. bis 8. März 2024 haben sich mehr als 1000 Teilchenphysiker:innen am KIT getroffen, um aktuelle Themen ihres Fachs zu diskutieren. Auch der Arbeitskreis Chancengleichheit und die junge DPG haben sich am Programm der Tagung beteiligt. Highlights der Tagung waren eine Festsitzung anlässlich des 100. Geburtstags von Herwig Schopper, ein Symposium zur Zukunft des Forschungsfeldes sowie ein öffentlicher Abendvortrag über die Geheimnisse des unsichtbaren Universums.
Eröffnet wurde die Tagung vom KIT-Vizepräsidenten und kommissarischem KIT-Präsidenten Oliver Kraft, dem örtlichen Tagungsleiter Ulrich Husemann vom Institut für Experimentelle Teilchenphysik des KIT (ETP) und dem Vorsitzenden des Fachverbands Teilchenphysik Johannes Haller von der Universität Hamburg. Highlights des wissenschaftlichen Programms umfassten die Plenarvorträge zur Physik am LHC (Marumi Kado, MPP München), zur Untersuchung der kosmischen Strahlung (Ralph Engel, KIT) und zu Suche nach Dunkler Materie (Teresa Marrodán, MPIK Heidelberg) sowie eine Reihe von Hauptvorträgen und eingeladenen Vorträgen zu aktuellen Forschungsthemen. In mehr als 800 Beiträgen in den Parallelsitzungen bekamen insbesondere junge Forschende die Gelegenheit, ihre Ergebnisse vorzustellen und zu netzwerken.
Festlicher Höhepunkt des Tagungsprogramms war ein Symposium anlässlich des 100. Geburtstags von Herwig Schopper, dem Begründer der modernen Kern- und Teilchenphysik in Karlsruhe und späteren Direktor von DESY und CERN. Nach Grußworten von DPG-Vizepräsident Lutz Schröter, Oliver Kraft und Thomas Müller vom ETP hielt der ehemalige DESY-Direktor Albrecht Wagner die Laudatio. Guido Drexlin, der Dekan die KIT-Fakultät für Physik, hat Herwig Schopper für seine außerordentlichen Verdienste um die Teilchenphysik und den Standort Karlsruhe die Ehrendoktorwürde des KIT verliehen. Zu der Geburtstagsfeier gehörten auch ganz besondere Geburtstagstorte, ein "Happy Birthday"-Ständchen für Herwig Schopper und stehende Ovationen für dessen Dankesrede in einem vollgepackten Audimax. Kalle Randalu (Hochschule für Musik Karlsruhe) und Miho Uchida (Badisches Staatstheater Karlsruhe) haben der Feier mit ihrer vierhändigen Klaviermusik von Mozart und Brahms einen festlichen Rahmen gegeben. Schließlich gab DESY-Forschungsdirektorin Beate Heinemann in ihrer Festvorlesung einen Überblick über die Durchbrüche der Teilchenphysik in den vergangenen 100 Jahren und einen Blick in die Zukunft.
Die Zukunft der Teilchen- und Astroteilchenphysik war auch Thema eines Symposium mit Vorträgen zu einer zukünftigen "Higgs-Boson-Fabrik" (Jürgen Reuter, DESY), zu Zukunftsprojekten zur Detektion von Gravitationswellen (Katharina-Sophie Isleif, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg) und zum Thema Nachhaltigkeit in der Teilchen- und Astroteilchenphysik (Michael Düren, Universität Gießen). Musikalisch unterlegt wurde das Symposium von der Auftragskomposition "Future Super Accelerator" von Hanna Sophie Lüke.
Zum Auftakt der Tagung hat die junge DPG (jDPG) ein Tutorium zur Einführung in die Themen der Tagung für junge Teilnehmende organisiert. Auch die Abendveranstaltung der jDPG zu Physiker:innen außerhalb der akademischen Welt fand großen Anklang.
Ein Besuchsprogramm führte Teilnehmende der Tagung an drei Tagen an den Campus Nord des KIT, wo sie einzigartige Forschungsinfrastrukturen besichtigen konnten wie das KATRIN-Experiment zur Messung der Neutrinomasse, die Teilchenbeschleunigeranlagen KARA und FLUTE, das Tier-1-Rechenzentrum GridKa, das Tritiumlabor Karlsruhe sowie Reinräume und Produktionsstätten für die internationalen Großexperimente CMS, Auger und IceCube. Die Führungen waren innerhalb weniger Stunden ausgebucht.
Auch das Rahmenprogramm der Tagung war ein voller Erfolg: Den Auftakt zum traditionellen Begrüßungsabend am Montag machte der Physikerchor Karlsruhe, bevor die Teilnehmenden bei veganem Essen und gekühlten Getränken alte Freundschaften pflegen und neue knüpfen konnten. Vor vollen Rängen hat das Physikertheater am Mittwochabend ein Stück von Juri Soyfer aufgeführt. Nicht zuletzt haben der Kneipenabend der jDPG und die Afterpartys – von den Promovierenden des ETP in Eigenregie organisiert – vor allem die jungen Teilnehmenden zusammengebracht.
Nachhaltigkeit war bei der Karlsruher DPG-Tagung auch in Sachen Verpflegung ein großes Thema. Wo immer möglich wurden vegane Bio-Produkte aus lokaler Herstellung, regionales Obst und regionale Getränke in wiederverwendbaren Behältnissen angeboten. Hilfsangebote für Teilnehmende reichten von einem “Care & Awareness Team” für mögliche Fragen oder Gesprächsbedarf, einem Aufruf zum respektvollen Umgang miteinander bis hin zu einer Möglichkeit, Vorfälle während der Konferenz zu melden. Diese Maßnahmen fanden zum ersten Mal im Rahmen einer DPG-Frühjahrstagung statt und könnten Vorbildcharakter für zukünftige Tagungen haben.